LEARNTEC 2019: Virtual Reality, KI und frischer Start-up-Wind

Open Innovation
14.02.2019
Erstellt von Anna März

Die LEARNTEC ist Europas größte Veranstaltung zur digitalen Bildung, von Jahr zu Jahr wird sie relevanter und internationaler. Ende Januar tauschten sich auf der Messe mehr als 11.000 Besucher über digitale Lerntrends aus. Mittendrin das BMBF-Projekt SenseBox, das mit drei Preisen auf der Messe abräumte.

Zwei Männer stehen nebeneinander und halten drei Preisurkunden in die Kamera
Voller Erfolg für das BMBF-Projekt SenseBox auf der LEARNTEC 2019: David Fehrenbach und Dr. Thomas Bartoschek (beide Geschäftsführung re:edu) mit den Preisurkunden. Bild: SenseBox/Reedu GmbH & Co. KG

Bereits seit 1992 informiert die LEARNTEC über Anwendungsmöglichkeiten von Bildungstechnologien. War „computergestütztes Lernen“ anfangs noch ein Nischenthema mit 400 interessierten Besuchern, entwickelte sich digitale Bildung zum Trendthema mit über 11.000 Teilnehmern auf der LEARNTEC 2019. Im Fokus standen in diesem Jahr unter anderem Augmented und Virtual Reality-Lernwelten, das Thema Modern Workplace Learning sowie die Individualisierung des Lernens durch Künstliche Intelligenz, Big Data und Learning Analytics. 341 Aussteller aus 15 Nationen präsentierten sich auf der Messe mit begleitendem Kongress in den drei Bereichen Schule, Hochschule und berufliche Weiterbildung.

Die Zahlen zeigen deutlich: Die Bedeutung der digitalen Bildungswirtschaft wächst. Kein Wunder also, dass auch große Unternehmen den Markt erschließen. So waren auf der Messe unter anderem bekannte Akteure des Bildungsbereichs wie Cornelsen, Ilias und Pearson, aber auch Größen aus der Wirtschaft wie Adobe, Casio oder Panasonic vertreten. Sie nutzen ihre Erfahrungen und übertragen bereits erprobte Anwendungen in den (Weiter-)Bildungsbereich.

Vielfältiges Angebot zu Lernmanagementsystemen

Lernmanagementsysteme (LMS) beispielsweise können eine Vielzahl von verschiedenen Funktionen und Anwendungen integrieren, die sowohl in Schulklassen und Universitäten als auch in der Weiterbildung oder Unternehmenskommunikation eingesetzt werden können. Das Angebot solcher Lernplattformen mit Kursinhalt- und Benutzer-Verwaltung sowie Kommunikations- und Kooperationstools war dementsprechend vergleichsweise groß und hat das Potenzial, bald als Standard zu gelten.

Der eigentlich innovative Aspekt – die weitergehende Analyse des Lernprozesses (z. B. mittels Künstlicher Intelligenz) über die bloße Darstellung hinaus – zeichnet sich in Ansätzen ab, sollte aber nach noch weiter ausgebaut und verfeinert werden. Die Realisierung eines intelligenten Lernassistenten, der individuelle Aufgaben, Hilfestellungen und insbesondere Vorhersagen zum Lernerfolg anbietet, scheint mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht in greifbarer Nähe.

VR/AR fokussieren auf berufliche Weiterbildung

Ebenfalls sehr präsent waren Virtual und Augmented Reality-Anwendungen. Lernumgebungen werden virtuell erweitert oder simuliert, sodass Lernende die richtigen Arbeitsschritte und Abläufe am realen Gerät angezeigt bekommen oder am simulierten Gerät üben können. So können die theoretischen Kenntnisse praktisch und sicher angewendet werden. Der Andrang an den Ständen bestätigt den größten Vorteil von VR/AR: Lernen kann Spaß machen.

Auffällig war jedoch, dass die Angebote hauptsächlich auf die berufliche Weiterbildung ausgelegt waren. Einerseits ist diese Fokussierung sicherlich den eingeschränkten Einsatzmöglichkeiten in Schule und Universität geschuldet. Andererseits deuteten mehrere Gespräche mit Ausstellern auch auf Schwierigkeiten hin spezielle Anwendungen flächendeckend in die Klassenzimmer der (Berufs-)Schulen einzuführen.

Spielend einfach lernen

Zusätzlich zu den großen Unternehmen bot die LEARNTEC auch Start-ups die Möglichkeit auszustellen. In einem eigenen Bereich präsentierten 28 junge innovative Unternehmen ihre Ideen und Projekte und traten auf einer Bühne in Pitches gegeneinander an. Serious Games und Gamification schienen prominente Themen unter den Start-ups. Spielend „ernste“ Inhalte und Informationen zu erschließen, gefällt nicht nur Kindern, sondern kann auch Erwachsene motivieren.

Ein ähnliches Konzept verfolgt das Team der SenseBox. Der Do-it-yourself-Bausatz für stationäre und mobile Sensorstationen bringt Kindern spielerisch die Themen Umwelt und Programmieren näher. Für mich überraschend: Die SenseBox wird schon in der Grundschule eingesetzt. Können Zehnjährige wirklich schon programmieren, wenn auch mit vereinfachten Bausteinen?

Meine Zweifel zerstreute Jan Wirwahn, Co-Founder von re:edu, dem Start-up hinter der SenseBox, schnell. Seine Erfahrungen zeigen, dass Kinder nach einer kurzen Einführung selbstständig und kreativ mit den vorhandenen Sensoren und Elektronik-Bauteilen arbeiteten. Eigenständig eine Lampe zum Leuchten zu bringen oder Umweltwerte wie Temperatur oder Luftfeuchte zu messen, stelle ich mir tatsächlich aufregend vor. Und vielleicht wäre ich heute Programmiererin oder Physikerin, wenn ich als Kind mit SenseBox experimentiert hätte. Auf jeden Fall betrachte ich es insbesondere im Zuge der Digitalisierung als wichtig und grundlegend, Kinder für technische Themen zu begeistern.

Weiterentwicklung und Verbreitung digitaler Lernmedien ausbaufähig

Insgesamt war der Tag auf der LEARNTEC sehr abwechslungsreich und informativ. Das Programm mit interessanten Ausstellern, Vorträgen und Workshops war so vielfältig, dass ich gerne noch einen weiteren Tag teilgenommen hätte. Mein persönliches Fazit: Es existiert bereits ein großes Angebot an digitalen Technologien für den Bildungssektor, doch gleichzeitig gibt es auch viel Potenzial für die Weiterentwicklung und vor allem für die Verbreitung der Anwendungen.


Hintergrundinformation

SenseBox – die Kiste mit Sinn

Die SenseBox ist ein IoT-Bausatz zum Experimentieren und Programmieren. Sie besteht aus einem Mikrocontroller, an den verschiedene mitgelieferte Sensoren (z. B. zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Feinstaub oder Ultraschall) angeschlossen werden. Die Messwerte können in Echtzeit auf die openSenseMap, eine Webplattform für offene Sensordaten, übertragen werden. Dort werden sie visualisiert, analysiert und gespeichert.

Durch die Vereinfachung und Zusammenstellung von Open-Source-Komponenten wurden Produkte für Bürger, Studierende und Schüler geschaffen, die es ermöglichen, an Lösungen für gesellschaftlich relevante Probleme mitzuarbeiten – ganz nach den Prinzipien der Citizen Science. Die Verbindung von Umweltmesstechnik, Geosensornetzwerken und Technologien des Internet of Things macht die SenseBox zu einem zukunftsweisenden und ansprechenden Tool, das die Lernenden durch schnelle Ergebnisse motiviert und immer wieder neu inspiriert.

Mit ihrem innovativen Konzept hat die SenseBox auf der LEARNTEC 2019 für viel Aufmerksamkeit gesorgt und die Anerkennung der Experten eingeheimst. Gleich drei Preise konnte das Projekt von der Messe mit nach Hause nehmen: den 2. Platz beim delina 2019 in der Kategorie „Hochschule“, den 1. Platz beim Start-up Pecha Kucha und den 3. Platz beim Schul-Pitch.

Unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Open Photonik – offene Innovationsprozesse in der Photonik.


Weitere Informationen

Kurzvorstellung des Projekts SenseBox
Website der SenseBox
Website des Start-ups re:edu
Website der LEARNTEC


Über die Autorin

Anna März ist Sozialwissenschaftlerin mit Fokus auf Bildungsforschung. Sie ist seit Juli 2018 für die VDI Technologiezentrum GmbH im Bereich Innovationspolitik tätig und beschäftigt sich mit Fragestellungen zur Digitalen Bildung. Z. B. mit den Einsatzmöglichkeiten von Künstlicher Intelligenz in Schulen und notwendigen technischen sowie (medien-)pädagogischen Veränderungen der Bildung.